In einem kleinen beschaulichen Dorf in Brandenburg soll eine Windkraftanlage entstehen. Kein Wunder, dass mit diesem Vorhaben in der Gemeinde, in der sich seit ein paar Jahren auch zugezogene Stadtflüchtlinge befinden, das große Chaos ausbricht.
Mit über 600 Seiten gehört das Buch nicht zu den Büchern, die man mal so zwischendurch liest. Deswegen lag mein Exemplar auch schon eine Weile auf dem Stapel der Bücher, die auf den richtigen Moment warten. Und die vielen Feiertage der letzten Wochen waren dann wohl die passende Gelegenheit. Zunächst hat mich die ganze Stimmung des Buches sehr an das Buch von Dieter Moor „Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht. Geschichten aus der arschlochfreien Zone“ erinnert, in dem er von seinem eigenen Stadtflucht-Experiment nach Amerika, ebenfalls einem kleinen Dorf in Brandenburg, berichtet. Sehr amüsant übrigens.
Nun also Unterleuten. Und weil ich schon das ein oder andere Buch der Autorin gelesen habe und sowohl „Nullzeit“ und auch „Spieltrieb“ sehr gelungen fand, habe ich mich wirklich auf meine Zeit in Unterleuten gefreut. Zudem wurde mir das Buch bis auf wenige Ausnahmen auch wärmstens empfohlen.
Die Geschichte ist eigentlich unspektakulär und sehr vorhersehbar. Bis auf das Ende des Buches vielleicht. Alte und junge Unterleutner schlagen sich die Köpfe ein, jeder hat entweder eine Leiche im Keller oder noch ein ganz anderes, eigenes und hausgemachtes Päckchen zu tragen und an den Diskussionen um die geplante Windkraftanlage drohen die Geschichten dann langsam aber sicher zu eskalieren.
So weit, so unterhaltsam. Leider werden aber für meinen Geschmack zu viele Klischees bedient. Und dann auch noch so penetrant wiederholt, dass es mich sogar richtig genervt hat. Die junge Mutter Jule zum Beispiel, presst ihr Baby im Tragetuch immer so fest an ihre Brust, dass man fast Angst bekommt, dass es erstickt und Juli Zeh gern zurufen möchte: „Jaha, ich habe jetzt verstanden, was für einen Typ Mutter sie verkörpern soll. Ist gut jetzt.“
Aber dann nimmt die Geschichte irgendwann Schwung auf und man schwingt mit in Unterleuten und ahnt, dass es am Ende noch mal so richtig kracht.
Im Rückblick versöhnt hat mich zusätzlich die Website zum Buch. Ein Lageplan des Dorfes und Informationen über seine Bewohner, so schön in Szene gesetzt. Den Plan habe ich mir ausgedruckt und in mein Buch gelegt. Man hat wirklich so ein bisschen das Gefühl, als wäre man dort gewesen.
Aber „Ein Gesellschaftsroman über die wichtigsten Fragen unserer Zeit, hochspannend wie ein Thriller.“, wie es auf dem Buchrücken steht, ist es in meinen Augen sicherlich nicht.
www.unterleuten.de
„Unterleuten“ von Juli Zeh, Luchterhand 640 Seiten