Die Idee klang so atemberaubend gut, dass ich nicht umhin kam, mir dieses Buch zu kaufen. Ein Mann im frühen Rentenalter versucht im Freibad bei seiner täglichen Schwimmroutine mit einer jungen flotten Schwimmerin mitzuhalten, verpasst vor lauter Balzgehabe die Wende am Beckenrand und stößt sich den Kopf, dass es nur so kracht.
In Folge dieser Kopfverletzung spielt ihm sein Hirn so manchen Streich und führt ihn noch einmal im Sauseschritt durch sein gesamtes Leben, als wäre er tatsächlich kurz davor über dessen Ziellinie zu schreiten und der berühmte Abspann der eigenen Lebensjahre zöge noch einmal an ihm vorüber.
Hier liege ich nun. Ich weiß wie das aussieht. Das sieht eindeutig aus. Aber ich kann das erklären.
Die Autorin Julia Wolf, selbst erst Mitte dreißig, hat mit Auszügen aus diesem Text 2016 den Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen. Ich stehe auf Gewinner*innen und habe immer großen Spaß daran, mich selbst von deren Können zu überzeugen.
Und es hätte wirklich so gut werden können. Ein kleines, schmales und hübsches Bändchen, (mein Auge liest mit), eine wunderbare Geschichte und der Reiz durch die Augen einer jungen Autorin in den Kopf und das Leben eines alternden Mannes zu schauen. Auch die abgehackte, stockende Sprache und dieses Erzählen, das von Höcksken auf Stöcksken springt, machen zu Beginn der Lektüre einen besonderen Reiz aus.
Man mag gerne mit dem Protagonisten Walter Nowak liegen bleiben und seinen Gedanken lauschen. Leider bleiben die dann aber im Verlauf der Lektüre sehr klischeehaft und oberflächlich. Und über die 160 Seiten wirken leider auch die einzelnen Geschichten aus Walter Nowaks Leben in ihrer Vielzahl wahllos zusammengepuzzelt. Mir fehlte am Ende einfach ein Highlight. Sei es eine Überraschung in der Figur, ein kleiner Erinnerungssplitter der das platte Klischee am Ende doch bricht, ein tieferer Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt Nowaks, der der Figur in meinen Augen die nötige Ernsthaftigkeit verliehen hätte. Oder ein Zusammenhang der Nowaks Vergangenheit mit dem frühschwimmenden Rentner der Anfangsszene in Verbindung bringt und dieses Leben als eine Runde, wenn auch ganz und gar gescheiterte, Existenz werden lässt.
So bleibt Walter Nowak für mich ein alternder Rentner voller Klischees, dessen Leben wahrlich nichts wirklich Spannendes zu bieten hatte. Aber vielleicht wollte Julia Wolf ja genau das erzählen?
„Walter Nowak bleibt liegen“ von Julia Wolf, 160 Seiten, Frankfurter Verlagsanstalt